Mit der Veröffentlichung der „Dritten Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung – Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung“ am 06. Dezember 2022 durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wurde die Krankenhausreform angestoßen. Sie hat zum Ziel, sowohl die Krankenhauslandschaft in Deutschland hinsichtlich ihrer Struktur bedarfsgerechter, sowie hinsichtlich der Vergütung leistungs- und mengenunabhängiger zu gestalten. Zudem wurde der Fokus auf drei wesentliche Aspekte gelegt: die Entökonomisierung, die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie die Entbürokratisierung des Systems.

 

 

Grundlagen der Krankenhausreform

Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission

Am 06. Dezember 2022 veröffentlichte die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung die Dritte Stellungnahme zum Thema „Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung“. Das Dokument umfasst 49 Seiten und setzt zum Ziel, dass „der Reformvorschlag […] eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung der Länder mit einer neuen Vergütungssystematik [verknüpft], die zu einem deutlich reduzierten Anteil leistungs- und mengenabhängig ist. Das Konzept sieht […] zentrale Elemente vor, die sich gegenseitig ergänzen und wichtige Mindeststrukturqualitäten definieren.“ (Quelle: Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung (2022), S. 9)

Zu den zentralen Elementen der Krankenhausreform zählen

  1. Eine einheitliche Definition von Krankenhaus-Versorgungsstufen (Level)
  2. Ein System von Leistungsgruppen
  3. Eine bedarfsgerechte und qualitätsorientierte Vorhaltefinanzierung

 

Eckpunktepapier der Bund-Länder-Gruppe Krankenhausreform

Am 10. Juli 2023 veröffentlichte die „Bund-Länder-Gruppe Krankenhausreform“ ein Eckpunktepapier, dass sich an den Empfehlungen der Regierungskommission orientiert und die Inhalte der Reform zur Diskussion vorgibt. Das Dokument umfasst insgesamt 15 Seiten und schärft das Ziel der Umgestaltung. Es gilt nunmehr, dass „mit der Krankenhausreform […] drei zentrale Ziele verfolgt [werden]: Gewährleistung von Versorgungssicherheit (Daseinsvorsorge), Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie Entbürokratisierung“ (Quelle: Eckpunktepapier der Bund-Länder-Gruppe Krankenhausreform (2023), S. 1).

Verglichen mit den zentralen Elementen der Dritten Stellungnahme wird ersichtlich, dass die einheitliche Definition von Krankenhaus-Versorgungsstufen (Leveln) keine Berücksichtigung im Eckpunktepapier findet. Das System von Leistungsgruppen sowie die bedarfsgerechte und qualitätsorientierte Vorhaltefinanzierung bleiben hingegen bestehen.

 

Darstellung der drei Säulen der Krankenhausreform gemäß Dritte Stellungnahme der Regierungskommission

Darstellung der drei Säulen der Krankenhausreform gemäß der Dritten Stellungnahme der Regierungskommission und des Eckpunktepapiers der Bund-Länder-Gruppe Krankenhausreform

 

Inhalte der Krankenhausreform

Zunächst galten die Empfehlungen der Dritten Stellungnahme sowie die Inhalte des Eckpunktepapiers lediglich für somatische Krankenhäuser. Dies umfasst zugelassene Krankenhäuser nach § 108 SGB V, Bundeswehr- und Berufsgenossenschaftliche Krankenhäuser sowie ausgewiesene Fachkliniken und Spezialversorger. Psychiatrien und Psychosomatiken waren von den Reformvorschlägen explizit ausgeschlossen.

Die Achte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission zum Thema „Psychiatrie, Psychosomatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie („Psych-Fächer“): Reform und Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung“, veröffentlicht am 29. September 2023, befasst sich jedoch mit den zentralen Fragen zu den Psych-Fächern mit Blick auf die allgemeine Krankenhausreform. Sie stellt in Aussicht, dass auch für die psychosomatischen und psychiatrischen Krankenhäuser zumindest eine Reform der Krankenhausstruktur denkbar wäre. Eine Vergütungsreform wird aufgrund des erst kürzlich eingeführten, neuen PEPP-Entgeltsystems nicht Erwägung gezogen.

 

Strukturreform

„Leistungsgruppen bilden medizinische Leistungen ab und dienen damit als Instrument einer leistungsdifferenzierten Krankenhausplanung. […] Zugleich werden Leistungsgruppen als Kriterium für die Zuordnung einer Vorhaltevergütung genutzt.“ (Quelle: Eckpunktepapier der Bund-Länder-Gruppe Krankenhausreform (2023), S. 7)

Gemäß dem Vorbild des Krankenhausplans NRW 2022, veröffentlicht am 27. April 2022, sollen Leistungsgruppen eingeführt werden, für die jeweils ein definierter Versorgungsauftrag für ein vorgegebenes, medizinisches Leistungsspektrum vorliegt. Dies umfasst die Zuordnung ausgewählter ICD und OPS Codes, als auch sachgerechte, bundeseinheitliche Qualitätskriterien bzgl. der Mindeststrukturvoraussetzungen je Krankenhausstandort.

Insgesamt 65 mögliche Leistungsgruppen unterschiedlicher Leistungsbereiche sollen zukünftig den Versorgungsumfang eines Krankenhausstandortes definieren und zugleich als Kriterium für die Vorhaltefinanzierung genutzt werden.

 

Vergütungsreform

„Die Vergütung von Krankenhausleistungen soll neben der fallabhängigen Vergütung nach DRGFallpauschalen eine zweite Säule bekommen – nämlich eine Vergütung von Vorhalteleistungen. Während bislang weitgehend nur die Zahl der Krankenhausfälle und ihre DRG-Gewichte nach Diagnosen, Schweregraden und Prozeduren die Erlöse eines Krankenhauses bestimmen, soll künftig auch die nötige Vorhaltung einer Leistungsgruppe vergütet werden.“ (Quelle: Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung (2022), S. 20)

Ziel der Krankenhausreform ist neben einer verbesserten Krankenhausstruktur auch die Sicherung der flächendeckenden Versorgung durch eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser. Erreicht werden soll dies durch die Einführung einer fallmengenunabhängigen Vorhaltevergütung. Durch die Auszahlung eines Vorhalteanteils aus den bestehenden Fallpauschalen sollen Krankenhäuser allein für die Vorhaltung von Personal und Infrastruktur vergütet werden, unabhängig davon, ob eine Leistungserbringung in Form einer Patientenbehandlung erbracht wird. Dies soll die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser sichern / verbessern und gewährleisten, dass die Kosten für die Grundausstattung eines Krankenhauses gedeckt sind.

 

Versorgungsstufen

„Die Regierung schlägt […] vor, (1) bundesweit einheitliche Stufen zu definieren und (2) die Krankenhausversorgung an diesen zu orientieren.“ (Quelle: Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung (2022), S. 11)

Bestandteil des im Dezember 2022 veröffentlichten Reformvorschlags war die Einführung sogenannter Level, um die regional verschiedenen Krankenhausstrukturen zu vereinheitlichen. Angedacht war ein System mit drei Leveln, in die die Krankenhäuser eingeteilt werden sollten:

  • Level Ii (integrierte ambulant/stationäre Versorgung)
  • Level In (mit Notfallstufe I)
  • Level II
  • Level III
  • Level IIIU (Universitätsmedizin)

Für jedes Level sollen wiederum feste Mindestvoraussetzungen für die Strukturqualität definiert werden, „um eine qualitativ hochwertige stationäre und verzahnte ambulant/stationäre Versorgung zu ermöglichen“. (Quelle: Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung (2022), S. 11)

Das im Juli 2023 veröffentlichte Eckpunktepapier der Bund-Länder-Gruppe Krankenhausreform beinhaltete indes eine reduzierte Form der Level-Einführung und beschränkte sich auf die Etablierung von Level-Ii-Krankenhäusern als sektorenübergreifende Versorger. Im Fokus dieser Krankenhäuser steht die Sicherung einer wohnortnahen medizinischen Versorgung auf Grundlage interdisziplinärer und interprofessioneller Leistungen. Insbesondere der Grundgedanke der Ambulantisierung soll gefestigt und die dafür notwendigen Strukturen weiter ausgebaut werden.

 


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