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Am 28. Oktober 2022 billigte der Bundesrat abschließend das Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz), dessen wesentliche Maßnahmen zum 12. November 2022 sowie 01. Januar 2023 wirksam wurden.

 

 

GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – Grundlegende Änderungen

Der Fokus des Gesetzes liegt auf der Finanzreform der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – vor allem die Finanzreserven der Krankenversicherungen sollen reduziert, der Apothekenabschlag erhöht und die Preisbildung neuer Arzneimittel reformiert werden. Ziel ist, ein 17 Milliarden Euro große Defizit auszugleichen. Dadurch werden folgende Aspekte in den Vordergrund gerückt:

  • Apothekenabschlag
    • Temporäre Erhöhung des Abschlags auf 2 € pro Arzneimittelpackung für eine Laufzeit von zwei Jahren
  • Bundeszuschuss zur GKV
    • Erhöhung des Bundeszuschusses um 2 Milliarden Euro auf 16,5 Milliarden Euro für das Jahr 2023
  • Darlehen Bund
    • Unverzinsliches Darlehen des Bundes für die GKV in Höhe von einer Milliarden Euro für 2023
  • Finanzreserven der Krankenkassen
    • Einführung eines kassenübergreifenden Solidarausgleichs zur Beitragssatzstabilisierung
  • Herstellerabschlag
    • Erhöhung des Herstellerabschlags für u.a. patentgeschützte Arzneimittel um 5 Prozentpunkte
  • Neupatientenregel
    • Einführung von Vergütungsanreizen für die schnellere Vergabe von (fach)ärztlichen Behandlungsterminen
  • Pflegebudget
    • Ausschließliche Berücksichtigung der Kosten für qualifizierte, unmittelbar in der stationären Patientenversorgung beteiligten Pflegekräfte ab 2025
  • Preismoratorium bei Arzneimitteln
    • Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2026 mit Ausnahmeregelungen
  • Reform des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG)
    • Strukturelle Änderungen bei der Festlegung von Erstattungsbeträgen beim erstmaligen Inverkehrbringen von Arzneimitteln
  • Zahnarzthonorare
    • Regelungen zur Begrenzung von Honorarzuwächsen für Zahnärztinnen und Zahnärzte
  • Zusatzbeiträge
    • Erhöhung der Zusatzbeiträge zur GKV

Für den stationären Sektor und dessen Vergütungsmechanismen ist insbesondere der Aspekt der AMNOG-Reform, aber auch die rechtliche Festsetzung zum NUB-Mindererlösausgleich von Relevanz.

 

Konsequenzen für das aG-DRG System

Reform des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG)

Gemäß dem AMNOG bewertet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) „den Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen, […] insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie“ (§ 35a Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch V (SGB)). Ergibt die Bewertung ein Fehlen des Zusatznutzens, erfolgt die Einordnung in eine Festbetragsgruppe. Stellt der G-BA hingegen einen Zusatznutzen fest, „vereinbart [dieser] mit pharmazeutischen Unternehmern […] mit Wirkung für alle Krankenkassen Erstattungsbeträge für Arzneimittel (§ 130b Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Vor Inkrafttreten des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes galt der verhandelte Erstattungsbetrag ab dem 13. Monat nach Inverkehrbringen des neuen Arzneimittels. Ab dem 12. November 2022 gilt, dass der Erstattungsbetrag ab dem siebten Monat nach Inverkehrbringen gilt (§ 130b Abs. 3a Satz 2 SGB V). „Die Differenz zwischen Erstattungsbetrag und dem bis zu dessen Vereinbarung tatsächlich gezahlten Abgabepreis [ist] auszugleichen.“ (§ 130b Abs. 3a Satz 9)

Diese Neuregelung hat Auswirkungen für bis dahin verhandelte Entgelte für Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB).

 

Unterjährige NUB Neuvereinbarung

Bedingt durch die Änderung des AMNOG, wird es künftig zu unterjährigen Neuvereinbarungen hinsichtlich bereits verhandelter NUB Entgelte kommen (können). NUB Entgelte für Arzneimittel mit neuem Wirkstoff, deren Verabreichung erstmalig im aG-DRG System über ein NUB Entgelt vergütet werden sollen, können demnach nachträglich korrigiert werden. Kommt es während der einjährigen Laufzeit eines NUB Entgelts zu einer Festlegung des Erstattungsbetrages durch die Einigung zwischen G-BA und dem pharmazeutischen Unternehmen, gilt dieser Betrag „mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Geltung des Erstattungsbetrags“ (§ 6 Satz 11 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG)). Folglich ist das NUB Entgelt neu zu vereinbaren.

 

NUB Mindererlösausgleich

Bereits im Dezember 2019 entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerWG 3 C 28.17), dass Mindereinnahmen aufgrund von mangelnder rechtzeitiger Genehmigung oder Möglichkeit zur Verhandlung von NUB-Entgelten auszugleichen sind (Mindererlösausgleich). Was bislang nicht eindeutig im Gesetz verankert war, ist mit Inkrafttreten des Artikel 6 Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) zum 20. Juli 2022 und dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes zum 01. Januar 2023 fortan eindeutig geregelt.

Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 KHEntgG gilt, dass Mindererlöse auch für erstmalig vereinbarte Entgelte gemäß § 6 Abs. 2 KHEntgG (NUB Entgelte) oder davon abweichende Erstattungsbeträge gemäß § 130b SGB V (AMNOG-Vereinbarung) im Vereinbarungszeitraum auszugleichen sind.

 

Kalkulation und Weiterentwicklung der Pflegepersonalkosten

Ab dem 01. Januar 2023 sind Krankenhäuser dazu veranlasst, die Vorgaben zur Ausgliederung und Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen hinsichtlich des Pflegepersonals anzuwenden. Dies soll gewährleisten, dass die Vertragsparteien (GKV-Spitzenverband, Verband der privaten Krankenversicherung e.V. (PKV) und Deutsche Krankenhaus Gesellschaft e.V. (DKG)) ab dem Jahr 2025 „die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen […] aus dem Vergütungssystem [ausgliedern] und die Pflegepersonalkostenvergütung [weiterentwickeln können]“ (§ 17b Abs. 4 Satz 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)). Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) hat dazu ein entsprechendes Konzept zu entwickeln.

Für die auszugliedernden Pflegepersonalkosten sind gemäß § 17b Abs. 4a KHG ausschließlich das Pflegepersonal und die Pflegepersonalkosten der folgenden Berufsgruppen zu berücksichtigen:

  • Pflegekräfte
    • gemäß § 1 Abs. 1 oder § 58 Abs. 1 oder Abs. 2 Pflegeberufegesetz
    • deren Erlaubnis nach dem Krankenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung oder nach dem Altenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung nach § 64 Pflegeberufegesetze fortgilt
  • Pflegehilfskräfte
    • die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Assistenz- oder Helferausbildung in der Pflege von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben
    • die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Ausbildung in der Krankenpflegehilfe oder in der Altenpflegehilfe von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben
    • denen eine Erlaubnis als Krankenpflegehelferin oder -helfer erteilt worden ist
    • Medizinische Fachangestellte
    • Anästhesietechnische Assistentinnen und Anästhesietechnische Assistenten
    • Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter

 

Darstellung der Auswirkungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes auf das aG-DRG System

Inhalte des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes und dessen Auswirkungen auf das aG-DRG System

 


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