Bei der Analyse ökonomischer Kennzahlen im stationären Sektor, insbesondere bei der Betrachtung von Fallzahlen und Patientenzahlen, stößt man regelmäßig auf eine inhaltliche Diskrepanz der Begriffe. Obgleich der allgemeine Tenor kaum eine bis keine Unterscheidung bei der Verwendung der Begriffe vornimmt, so spielt die Abgrenzung der Begriffe voneinander für das Ableiten von validen Erkenntnissen eine entscheidende Rolle, denn: Fallzahl ist nicht gleich Patientenzahl.

 

Definition Patient bzw. Patientin

Eine rechtliche Definition für den Begriff „Patient/Patientin“ existiert grundsätzlich nicht. Jedoch lässt sich festhalten, dass ein Patient oder eine Patientin Leistungen der gesundheitlichen Versorgung als „Leistungsempfänger“ erhält. Sie begeben sich aus individuellen (meist gesundheitlichen) Gründen in die Obhut sogenannter Leistungserbringer, die ihre Leistungen zur Behandlung der Leistungsempfänger zur Verfügung stellen. Im stationären Sektor entspricht das Krankenhaus gem. § 107ff. Sozialgesetzbuch V (SGB) einem Leistungserbringer. Es dient der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe, unter Zuhilfenahme fachlich-medizinischer und ihrem Versorgungsauftrag entsprechender diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten. Folglich begeben sich Menschen als Patient oder Patientin hier in die Behandlung mit dem Ziel der bestmöglichen Versorgung und Gesundung.

 

Definition (Behandlungs-)Fall

Da der stationäre Sektor ebenfalls keine rechtliche Definition des Begriffs „Behandlungsfall“ vorgibt, kann ein „Fall“ nur näherungsweise als solcher identifiziert werden. Zunächst lässt sich aus dem Dokument „G-DRG Begleitforschungsbrowser“, herausgegeben vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), entnehmen, dass ein Behandlungsfall „einen Behandlungsaufenthalt im Krankenhaus im Entgeltbereich ‚DRG‚“ bezeichnet. Eine Einschränkung auf den Zeitraum hinsichtlich des Aufenthaltes wird jedoch nicht vorgenommen. Klarheit schafft an dieser Stelle die Fallpauschalenvereinbarung (FPV), in der die Fallzusammenführung geregelt ist. Gemäß § 2 Abs. 2 FPV ist eine Fallzusammenführung dann vorzunehmen, „wenn ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten […] Krankenhausaufenthaltes wieder aufgenommen wird und innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) […] einzugruppieren ist“.

Für die Definition des (Behandlungs)Falls gilt somit: Wird ein Patient oder eine Patientin aufgrund derselben Hauptdiagnose (oder einer ähnlichen aus der Hauptdiagnosegruppe) innerhalb von 30 Kalendertagen erneut hospitalisiert, wird dieser Fall zusammengefasst und als ein Behandlungsfall gewertet.

Erscheint der Patient oder die Patientin an Tag 31, wird ein neuer Behandlungsfall eröffnet, obwohl es sich um denselben Patienten oder dieselbe Patientin wie am Vortag handelt. Diese Regelung gilt es bei der Interpretation von Fallzahlen zu beachten.

 

Interpretation von Fallzahlen – Gegenüberstellung von Fallzahl und Patientenzahl

Die Analyse von Fallzahlen auf Basis von Leistungsdaten oder ökonomischen Kennzahlen fokussiert sich auf die Betrachtung von Hauptdiagnosen. Gemäß der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) ist die Hauptdiagnose „die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist“ (D002f). Pro Behandlungsfall ist stets nur eine Hauptdiagnose zulässig, jedoch kann ein Fall mit diversen Nebendiagnosen einhergehen.

Analysiert man Fallzahlen auf Krankenhaus- oder Fachabteilungsebene oder globaler auf Regions- oder deutschlandweiter Ebene, erhält man mit den erhobenen Leistungsdaten (oder Routinedaten) einen grundsätzlich validen Überblick über die entsprechenden Fälle, die behandelt wurden. Jedoch kann man nicht davon ausgehen, dass es sich bei dieser Zahl auch um gleich viele Patienten und Patientinnen handelt. Da Fälle nur innerhalb von 30 Kalendertagen zusammengefasst werden, ist es möglich, dass die mehrmalige Behandlung ein und desselben Patienten über das Jahr hinweg verschiedene Behandlungsfälle eröffnet. Diese werden dann in den erhobenen Leistungsdaten auch als solche gewertet. Ein Patient oder eine Patientin kann somit diverse Behandlungsfälle darstellen, obgleich es sich stets um dieselbe Person handelt.

Bei der Interpretation der Daten ist dies unbedingt zu berücksichtigen, da es nicht valide wäre, die Anzahl an Patienten und Patientinnen der Fallzahlen gleichzusetzen.

 


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