Autor: Dr. med. Philip Düwel – 09. Mai 2019

Das im Pflegepersonalstärkungsgesetz beschlossene Pflegebudget nimmt einen großen Teil der aktuell über die DRG vergüteten Pflegepersonalkosten aus dem System heraus und vergütet es zukünftig gesondert. Aber wie gestaltet sich die Planung, die Auszahlung und der Ausgleich und welche Risiken birgt das im PpSG geregelte Pflegebudget aus Sicht des Krankenhauses?

 

Wie ist diese Vergütung technisch ausgestaltet?

Die Verhandlung der Vergütung ist auf die Selbstverwaltungspartner auf der Ortsebene verschoben. Die Krankenhausseite wird zum Budget 2020 eine Darstellung der in der neuen Pflegvergütung inkludierten Pflegekräfte und deren Kosten liefern. Die Abgrenzung dieser Kosten entspricht der Pflegpersonalkostenabgrenzungsvereinbarung zwischen den Selbstverwaltungspartnern auf Bundesebene. Auf Basis dieser IST Situation, wird dann ein prospektives Pflegekostenbudget für 2020 von der Krankenhausseite gefordert. Dieses ist prinzipiell nicht begrenzt. Ob und bis in wie weit die Kassenseite hier „Plausibilitätsprüfungen“ oder „Obergrenzen“ anführen wird, bleibt ab zu warten. Im System ist bislang keine Wirtschaftlichkeitsprüfung, gleich welcher Art vorgesehen. Das geeinte Pflegepersonalbudget wird dann auf die Pflegetage der Vereinbarung E1 umgerechnet. Daraus ergibt sich pro Tag ein Zahlbetrag für die Pflegeerlöse. Diese werden unterjährig mit den abgerechneten DRG Fällen tagesbezogen ausgezahlt. Im Jahresabschluss des Jahres 2020 wird ein Wirtschaftsprüfer jedem Krankenhaus die real aufgewendeten Pflegpersonalkosten, nach der Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung, testieren. Diese Gesamtsumme wird dann mit der unterjährig in 2020 tagesbezogenen ausgezahlten Summe verglichen. Die beiden Beträge werden in beide Richtungen zu 100% ausgeglichen.

 

Pitfalls und Fragezeichen

DRGs sind auch heute schon kostenhomogene Gruppen, die nur scheinbar auch medizinisch trennscharf sind. Nimmt man einen erheblichen Anteil der Kostenanteile aus der DRG heraus, sind ggf. in 2020 ganz andere Gruppen der Rest DRG trennscharf. Damit ist die Vergleichbarkeit der Jahre 2019 und 2020 und die Betrachtung der Entwicklung des medizinischen Portfolios nicht mehr ohne weiteres möglich. Dies wird insbesondere bei der sinnvollen Planung des Budget 2020 zu erheblichen Problemen auf der Krankenhausseite führen. Es ist davon aus zu gehen, dass dieser Tatbestand auf Ortsebene zu erheblichen Auseinandersetzungen zwischen den Verhandlungspartnern führt.

Eine weitere Information, die zur Ausgleichvergütung und deren Zuordnung zu einzelnen Kassen besorgniserregend ist, ist die Topf Finanzierung des unterjährig nicht gezahlten Pflegebudgets.

Dem Vernehmen nach sollen unterjährig nicht gezahlte oder verhandelte Pflegebudgetkosten, die von den Krankenhäusern im Wirtschaftsprüfungs-Testat dann nachgelagert geltend gemacht werden können, nicht von den einzelnen Kassen, sondern aus einem gemeinsamen Kassentopf gezahlt werden.

Dies führt aus Krankenhaussicht zu zwei fatalen Anreizen. Wer in der lokalen Budgetverhandlung geringe Pflegebudgets verhandelt und/oder unterjährig möglichst viele Pflegetage aus der DRG streicht, verschiebt einen hohen Anteil der Pflegebudgetkosten in einen gemeinsamen Kassentopf und „sozialisiert“ sie damit sozusagen. Dies setzt hohe Anreize an die Kassen möglichst geringe lokale Budgets zu verhandeln, was ja ausdrücklich NICHT das Ziel des Pflegepersonalstärkungsgesetzes ist. Außerdem wird ein hoher Anreiz gesetzt, Pflegetage im Prüfverfahren über den MDK aus der DRG zu streichen.

War bislang in der „alten“ DRG nur dann eine Streichung ökonomisch sinnvoll, wenn der DRG Fall unter die untere Grenzverweildauer in den Kurzliegerbereich gedrückt werden konnte oder bei einem Langlieger in den Inlierbereich zurück, wird zukünftig JEDER Pflegetag, den Kassen streichen können, über das Pflegbudget und die Verschiebung vom eigenen Budget in den gemeinsamen Topf, für die einzelne Kasse ökonomisch wirksam.

Wer das Verhalten der einzelnen Kassen bei dem Wettlauf um möglichst viele Risiko Morbi relevanten Diagnosen bei der eigenen Klientel erinnert, hat eine Vorstellung davon, wie diese Regelung wirken wird. Auch wenn diese durch den 100% Ausgleich im Pflegebudget des Krankenhauses keinen direkten monetären negativen Effekt erzielt, wird die Regelung aller Voraussicht nach zu weiteren ausufernden MDK Prüfungen führen.


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