Köln, 15.05.2018
Die Begriffe “stationär”, “teilstationär” und “ambulant” sind wohl jedem im stationären Krankenhaussektor geläufig und werden wie selbstverständlich verwendet. Es scheint, als wären sie vollkommen eindeutig und klar geregelt. Doch wie eindeutig können diese Begriffe sein, wenn nicht einmal der Gesetzgeber selbst eine klare Definition hierfür vorgibt?
Grundlegende Gesetzgebung
“Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht” (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Mit dieser Leistungsumschreibung legt der Gesetzgeber konkret die möglichen Behandlungsformen innerhalb eines Krankenhauses fest. Eine genaue Definition vor- und nachstationärer Leistungen findet sich zudem in § 115a SGB V. Weiterhin wird in § 115b SGB V auf das Ambulante Operieren im Krankenhaus eingegangen, jedoch bleibt eine Definition aus. Auch für die verbleibenden Begriffe “stationär” und “teilstationär” ist keine Erklärung in den Gesetzestexten zu finden.
Dennoch ist es unabdingbar, die Bedeutung der Begriffe zu kennen, da sie maßgeblich für die Vergütung erbrachter Leistungen sind.
Kriterien zur Abgrenzung
Ausgelöst durch einen Patientenfall hat sich das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 04.03.2004 (Az.: B 3 KR 4/03 R) mit der Frage nach einer Abgrenzung befasst. Dabei wurde das zuvor gängige Kriterium der Aufnahme in das Krankenhaus beleuchtet und kritisch hinterfragt.
Aufnahme in das Krankenhaus
Die Aufnahme in das Krankenhaus galt lange als Merkmal für eine stationäre Behandlung. Die stetig zunehmenden ambulanten Operationen im Krankenhaus, die Zuweisung eines Tagesbettes, mehrstündige postoperative Überwachungen sowie sich stetig ändernde Möglichkeiten der medizinischen Versorgung, veranlassten das BSG, dieses Kriterium zu überdenken. Letztlich entschied es sich, das Kriterium der Aufnahme bzw. Integration eines Patienten in den Krankenhausbetrieb als ungeeignet einzustufen. Schließlich sei das Ausmaß der Aufnahme und Integration nicht konkret bestimmbar.
Es bedurfte daher eines anderen Kriteriums, um eine Abgrenzung der Behandlungsformen durchführen zu können.
Geplante bzw. erforderliche Aufenthaltsdauer
Da das Merkmal der Aufnahme als ungeeignet angesehen wurde, musste ein neues Merkmal gefunden werden. Mit dem Urteil vom 04.03.2004 wurde folglich das Merkmal der geplanten bzw. erforderlichen Aufenthaltsdauer festgesetzt. Dies gilt seither als Orientierung für die Festlegung, ob es sich bei Leistungen eines Patientenfalls um eine (voll-)stationäre, teilstationäre oder ambulante Behandlung im Krankenhaus handelt.
Abgrenzung: stationär, teilstationär oder ambulant
Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 04.03.2004 Definitionen vorgegeben, nach denen es den Fall letztlich auch entschieden hat.
(Voll-)Stationäre Behandlung
Eine (voll-)stationäre Behandlung liegt vor, wenn der Patient zeitlich ununterbrochen – mindestens aber einen Tag und eine Nacht – im Krankenhaus untergebracht ist. Es findet eine physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses statt.
Verlässt ein Patient nach Durchführung von, als stationär eingestuften, Behandlungsmaßnahmen eigenmächtig das Krankenhaus und verbleibt somit nicht über Nacht, gilt dieser Fall nach einem Urteil des BSG vom 17.03.2005 (Az.: B 3 KR 11/04 R) weiterhin als stationär. Ambulant geplante Behandlungen können ebenfalls zu stationären Fällen umgewandelt werden, wenn eine Entlassung des Patienten am gleichen Tag aufgrund von Komplikationen nicht mehr möglich ist und dieser daraufhin auch die Nacht im Krankenhaus verbringt.
Teilstationäre Behandlung
Eine teilstationäre Behandlung beansprucht ebenfalls die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses, beschränkt sich aber meist auf die Unterbringung der Patienten in Tages- und Nachtkliniken. Es ist demnach keine ununterbrochene Anwesenheit des Patienten notwendig. Vielmehr ist die teilstationäre Behandlung weiter gekennzeichnet durch die eingeschränkte Verweildauer. Die Behandlung von Patienten ist folglich entweder auf die Behandlung tagsüber, bei der die Nacht zu Hause verbracht wird (Tagesklinik), limitiert, oder auf die Behandlung abends/nachts, bei der der Patient den Tag andernorts verbringt (Nachtklinik).
Im Vordergrund stehen dabei spezifische Krankheitsbilder, bspw. aus den Fachgebieten Psychiatrie, somatische Erkrankungen und Geriatrie. Diese erfordern oft eine regelmäßige Behandlung und Unterbringung in einer medizinisch-organisatorischen Infrastruktur über einen längeren Zeitraum hinweg oder in einzelnen Intervallen.
Ambulante Behandlung
Die Abgrenzung einer ambulanten Behandlung von einer teilstationären ist etwas diffiziler. Laut BSG erfolgt eine ambulante Behandlung bei Patienten, die weder die Nacht vor, noch die Nacht nach dem Eingriff im Krankenhaus verbringen. Dies entspricht folglich dem Gegenteil einer stationären Behandlung, grenzt sich aber nicht eindeutig von der teilstationären Behandlung ab, wie Grenzfälle zeigen.
Grenzfälle
Grenzfälle, in denen eine exakte Zuordnung schwierig erscheint, stellen Behandlungen dar, die in der Regel nicht täglich aber mehrmals für ein paar Stunden in der Woche im Krankenhaus versorgt werden, bspw. Dialysepatienten. Diese Patienten werden in der Praxis oft als teilstationäre Behandlungen gewertet, entsprechen aber nach vorstehender Definition eher der ambulanten Versorgung.
Fazit
Es zeigt sich, dass die vorgenommene Definition des BSG im Urteil vom 04.03.2004 einer klaren Abgrenzung von stationären zu teilstationären und ambulanten Behandlungen entspricht. Jedoch ist die Abgrenzung von teilstationären zu ambulanten Behandlungen nach wie vor nicht ganz eindeutig, wie Grenzfälle zeigen.
Eine konkrete Definition des Gesetzgebers steht weiterhin aus.
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